Soll mir lieber Goya den Schlaf rauben als irgendein Arschloch
Armer Süden – Reicher Norden Teil III: Spanien
Hier geht’s zum Probentagebuch der Produktion!
In einer schlaflosen Nacht in Madrid beschließt ein entnervter Familienvater mit seinen beiden Söhnen die kompletten Familienersparnisse auf den Kopf zu hauen. 5000 Euro, die er über die Jahre hinweg mühsam zurückgelegt hat. Die Kinder wollen nach Disneyland, der Vater jedoch hat andere Pläne. Er will mit ihnen in den Prado einsteigen und angesichts der Gemälde von Goya ihre Existenz feiern. Weil er gerade Bock drauf hat, lässt er kurzerhand noch Peter Sloterdijk einfliegen und dann geht’s richtig ab. Den Rucksack voll mit Drogen, Tortillabrötchen und Bier. Und Steinen, um die Scheiben einzuschmeißen. Und Blut, das Bumm Bumm macht. Was ein Fest.
Rodrigo Garcías wütender und wahnwitziger Text bildet den Ausgangspunkt für den dritten Teil der Reihe Armer Süden – Reicher Norden, der das krisengebeutelte Spanien in den Fokus rückt.
In Spanien führte die Krise zu der europaweit höchsten Jugendarbeitslosigkeit und zu unzähligen Zwangsräumungen. Um der Obdachlosigkeit zu entgehen, wurden Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen zu Hausbesetzern, darunter auch zahlreiche Rentner und Familien.
Die Spanier organisieren sich gegen Ungerechtigkeit und kämpfen für ein menschenwürdiges Leben. Juventud sin futuro – eine der vielen Organisationen, die aus den Protestbewegungen hervorgegangen sind – prangert die Perspektivlosigkeit der Jugend in Spanien mit folgenden Schlagworten an: #sincasa #sincurro #sinmiedo! Was soviel bedeutet wie: Kein Zuhause, keine Arbeit, keine Angst! Denn es gibt nichts mehr zu verlieren.
Ähnlich wie Garcías Stück nehmen sie damit eine offensive Haltung ein, mit Blick nach vorne, ohne dabei die Missstände kleinzureden. Statt in eine Starre zu verfallen, zu resignieren oder nach den gleichen Spielregeln wie bisher weiterzumachen, wird gehandelt, provoziert und Veränderung angestoßen.
Neben Garcías Stück wird die Inszenierung auf recherchiertes Material zurückgreifen und daraus performative Situationen entwickeln, die zur Finanzkrise in Spanien Bezug nehmen. Auf cataplum.org, dem Online-Tagebuch der Produktion, gibt es regelmäßig Teaser aus der Probenarbeit, spannende Fundstücke zum Thema und Interviews mit echten Spaniern. Die Video-Bloggerin Ana Eiroa hat sich für uns in Spanien umgesehen und vor Ort authentische Stimmen eingefangen.
Rodrigo García
Geboren 1964 in Buenos Aires, arbeitet García als Bote, Schlachter, Gemüsehändler und in der Werbebranche, bevor er sich dem Theater widmet. Umzug nach Spanien und Gründung der Gruppe “La Carnicería Teatro” (carnicería, spanisch: Fleischerei), mit der er seine Stücke entwickelt und inszeniert. Besonders charakteristisch für García sind die wütenden Texte, in denen er mit der westlichen Zivilisation abrechnet.
Die deutschsprachige Erstaufführung von Soll mir lieber Goya den Schlaf rauben als irgendein Arschloch inszenierte García selbst an der Schaubühne am Lehniner Platz, Berlin im März 2011.
García lebt und arbeitet als Autor und Regisseur in Spanien und Frankreich.
Regie: Pascal Wieandt
Bühne und Kostüm: Marcela Snaselova
Dramaturgie: Isa Maubach
Mit: Leonie Ahmer/ Sarah Bonitz (11.3.+12.3.) , Antonia Hahn, Nitish Kaul, Einhart Klucke
Premiere: Freitag, 11.03.2016 um 20 Uhr
weitere Termine: Samstag, 12.03., Freitag, 18.03., Samstag, 19.03. und Sonntag, 20.03.2016 jeweils um 20 Uhr